Ganz einfach gesagt heißt Beten: Wie aber redet man mit Gott und wann ist ein Gebet ein Gebet? Es gibt viele Meinungen darüber, wann etwas, was ein Mensch tut, ein Gebet ist. Der eine macht Gebetserfahrungen in der Meditation und der Zurückgezogenheit, dadurch, dass er keine Worte macht, sondern ganz still wird vor Gott. Ein anderer meint, schon die Freude und das Staunen und die Dankbarkeit über einen Sonnenuntergang sei Gebet. Und wieder andere sind davon überzeugt, dass ein Gebet nur dann richtig ist, wenn das, worum er oder sie bittet, auch erfüllt wird. Was den Einzelnen zur Überzeugung führt, er oder sie müsse bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllen, damit das Gebet auch wirklich erhört wird. Die Überzeugung unserer Gesellschaft, dass vieles, wenn nicht alles, aus eigener Kraft machbar und leistbar ist, lässt sich nicht auf das Gebet übertragen. Es geht beim Beten nicht darum, etwas zu leisten (ein Rosenkranz am Tag) oder etwas zu machen. Es geht im Gebet vielmehr um einen Zustand, um ein Sein. Das Gebet ist eine innere Haltung, eine Art, wie ich die Welt, mich selbst und Gott sehe. Das Gebet ist eine Lebenshaltung.
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Das heißt: Im Gebet gebe ich mir den Raum, mir Gedanken zu machen über mich und mein Leben, über meine Erfahrungen mit mir, mit Gott und der Welt. Und dies nicht als Selbstgespräch, sondern in dem Wissen, dass mit Jesus Christus jemand da ist, der mein Leben begleitet, mit mir unterwegs ist und der mich am Ende bei sich empfangen wird. Beten ist ein ständiges Zwiegespräch, aber ohne Zwang und Anstrengung. Es ist, wie es die hl. Theresa von Avila einmal formuliert, das Reden mit einem Freund, mit Jesus Christus, der von sich sagt: "Ich nenne euch Freunde, nicht Knechte" (Joh ). Dabei kann das Gebet in formulierten Worten geschehen wie auch im Schweigen und Da-Sein. Die Zahl der Worte und Minuten ist für das Gebet letztlich unwichtig, Gebet ist ja keine Leistung, sondern mehr ein bewusstes Leben im Horizont der Liebe Gottes. Natürlich kann jemand auch um die Erfüllung seiner Wünsche und Anliegen beten. Aber mit diesem Gebet können wir bei Gott nicht auf Erfüllung pochen. Weil Gott kein Automat ist, in den man ein Gebet einschmeißt und unten wird die Erfüllung ausgespuckt. Gott ist keine Kuh, die man melken kann, so sagt es Meister Eckhart. Wenn jemand um die Erfüllung seiner Bitten betet, kann das Beten schnell zur Enttäuschung werden, kann Gott schnell zur Enttäuschung werden. Beten heißt Reden mit einem Freund. Wer im Gebet sein Leben mit Gott teilt, sein Leben und seine Mitmenschen im Licht der Liebe Gottes betrachtet, wer im Gebet sein Gesicht in die liebende Sonne Gottes stellt, dem wird das Gebet helfen. Es macht Gott-bewusster, es macht Selbst-bewusster. |